Armee der Adelsrepublik (Rzeczpospolita)
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Musée Palais de Wilanów

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Armee der Adelsrepublik (Rzeczpospolita)
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König Johann III. Sobieski war als bedeutender Heerführer außerhalb des polnischen Staates gut bekannt. Daher wundert es nicht, dass der irländische Arzt des Königs, Bernard O’Connor, ihren Truppen viel Platz gewidmet hatte. O’Connor hatte keine militärische Bildung, aber seine Beschreibung muss man als eine präzise und detaillierte Bestandsaufnahme bezeichnen, vielleicht dank Kenntnisse anderer Arbeiten, in erster Linie von Szymon Starowolski. O’Connor stellten getrennt den Landsturm mit seiner Struktur, Formen der Einberufung und Kategorien der Männer, die nicht zum Dienst verpflichtet waren und getrennt die Berufsarmee, geteilt nach Kavallerie und Infanterie, sowie ihre Bewaffnung. Er hat auch die wichtigsten Festungen genannt. Er fand, dass es zu wenig davon gibt und die bestehenden sind im schlechten Zustand. Am meisten interessierte ihn die Kampffähigkeit der adelsrepublikanischen Armee. Er hat ihr, in erster Linie der Reiterei, eine sehr gute Note vergeben und nannte dafür Beispiele einiger Siege, etwa im Jahre 1588 bei Byczyna gegen Erzherzog Maximilian III. von Habsburg, 1605 bei Kirchholm gegen die Schweden. Trotz dem und trotz der Bewunderung für die Genialität Sobieskis verwies verwies O’Connor auch auf die Schwachstellen der adelsrepublikanischen Armee. Diese lagen nicht im fehlenden Kampfesmut oder schlechter Ausbildung, sondern in schlechter Organisation. In erster Linie in der mangelhaften Disziplin, verursacht durch unregelmäßige Soldzahlung, Ernennung von Personen ohne notwendige militärische Kenntnisse und Erfahrung auf Posten der Hetmane und völlige Unfähigkeit Geheimnisse zu bewahren, auch durch die obersten Heerführer. Er konstatierte aber, dass diese Probleme nicht unlösbar seien und die Adelsrepublik (Rzeczpospolita) nicht zu einer militärischen Niederlagen verurteil sei. Von allen Waffengattungen machte die schwere Reiterei – Husaria auf ihn den größten Eindruck: „Sowohl der Husar als auch sein Kamerad zu Ross, waren mit Storchen-, Kranich- und Putenfedern, und mit Leoparden-, Tiger-, Bären- und sogar Löwenfellen an der Rüstung geschmückt und machen einen großen Eindruck.“

O’Connor war nicht der einzige Fremde, der die Husaria bewundert hatte. Ein halbes Jahrhundert früher schrieb der französische Diplomat Charles Ogier: „Sie alle, polnische Szlachta auf schönen Pferden, in guten und glänzenden Rüstungen, mit an Rücken hängenden Panther-, Tiger- und Löwenfellen, haben mit Riemen am Sattel befestigte lange Lanzen, an welchen unter der Spitze sich seidene Bänder, d.h. Wimpel befinden, im Wind flattern und Augen des Feindes täuschen”. Ähnlich wie O’Connor haben auch andere Gäste aus dem Ausland die Kampfkraft des adelsrepublikanischen Heeres beurteilt. Auf der einen Seite betonten sie die enormen Möglichkeiten. Sogar der Polen gegenüber abgeneigte französische Historiker Michel David de La Bizardiere stellte Ende des 17. Jahrhunderts fest: „Wer glaubt, man könnte den Polen Angst einjagen, tut ihnen nur Unrecht. Sie sind zu tapfer, um Angst vor irgendeiner Nation zu haben. Auch wird keine Nation das wagen, was sogar die Römer nicht gewagt haben“.

Andererseits wurden Organisationsmängel herausgestellt, die den Wert der Armee gemindert haben. Der Sekretär der französischen Botschaft vertrat da eine typische Meinung: „Würde man regelmäßig Sold zahlen, würde der militärische Dienst in Polen sehr gut sein. [Die Polen] haben wenig Infanterie, sehr schlechte Ingenieure und kennen sich mit der Belagerung nicht aus.“ Einige Vorwürfe waren begründet. Oft waren die finanziellen Rückstände gegenüber dem Heer sehr hoch. Im Jahre 1661 betrugen die Schulden allein gegenüber der Armee der Krone 24 Millionen polnische Zloty. Aber jene, die Mangel an Festungen und ungenügende Entwicklung der Infanterie betonen, beruhten auf Unkenntnis der Situation in der Adelsrepublik (Rzeczpospolita). In Westeuropa spielten Festungen die Schlüsselrolle in der Verteidigungspolitik und die Kriegshandlungen, der Krieg Frankreichs gegen Vereinigte Niederlande ist ein gutes Beispiel dafür – beruhten in erster Linie auf Belagerungen, bei welchen die Infanterie zentrale Rolle spielte. In Ost- und Mitteleuropa mit ihren großen Entfernungen und geringer Bevölkerungsdichte spielten Festungen keine große Rolle, dafür aber entschied die Beweglichkeit der Arme über den Sieg oder Niederlage. Das war die Ursache für die Entwicklung der Kavallerie auf Kosten der Infanterie.

Die politischen Eliten des polnischen Staates erkannten auch die Organisationsprobleme. Der durch seinen schlechten Ruhm bekannte stumme Reichstag im Jahre 1717 hob die bisherige Praxis der Steuerfestsetzung zur Finanzierung der Armee von Selm zu Sejm auf und setzte die laufende Finanzierung der Armee durch Steuern und ihre Quellen fest. Dennoch war die Armee der Adelsrepublik Rzeczpospolita) im 18. Jahrhundert – sie dürfte etwa 18 Tausend Soldaten stark sein – viel schwächer als die Armeen der Nachbarstaaten. Im Krieg konnte Russland etwa 350 000, Preußen 200 000, Österreich etwa 280 000 Soldaten stellen. Die Schwäche der polnischen Armee hatte politische Ursachen. Der Adel, die Szlachta wollte keine größere Armee wegen ihrer pazifistischer Haltung und aus ideologischen Gründen: sie befürchtete, der König könnte sie zur Festigung seiner Position und im Endeffekt zur Errichtung eine absoluten Monarchie nutzen. Die Frage der Armee wurde nicht nur in der Adelsrepublik (Rzeczpospolita) zum Problem. Dieselben Befürchtungen führten im Jahre 1689 in England zum Gesetzesbeschluss, dass in der Friedenszeit keine reguläre Armee ohne Zustimmung des Parlaments gehalten werden darf. Man überlegte hier auch, die reguläre Armee ganz aufzulösen und Ersetzung durch eine Miliz, die etwa dem polnischen Landsturm entsprechen würde. Aber England und später Großbritannien verfügte über einen Vorteil, der der Adelsrepublik (Rzeczpospolita) nicht zur Verfügung stand. Zur Not konnte es auf dem Kontinent ganze Armeen einkaufen. Es war natürlich eine kostspielige Lösung. Von 1739 und 1756 wurden zu diesem Zweck 17,5 englische Pfund ausgegeben, was damals etwa 647,5 Millionen polnische Zloty entsprach, einem Betrag, der unvorstellbar hoch war. Außerdem war Großbritannien eine Insel und nicht ein Staat, der von allen Seiten von „freundlich gesinnten Nachbarn“ umgeben war. Die Adelsrepublik (Rzeczpospolita) brauchte eine eigene große Arme, die sie hätte haben können, aber die sie nicht haben wollte.

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