Die Ukraine zwischen Rzeczpospolitą und der Türkei.
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Musée Palais de Wilanów

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Musée Palais de Wilanów

Die Ukraine zwischen Rzeczpospolitą und der Türkei.
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Der Ausbruch des Krieges im Jahre 1683, insbesondere der Sieg in der Schlacht am Kahlenberg (bei Wien) und die darüber in der Ukraine schnell verbreitende Kunde haben Aufruhr geschürt und die Gefahr herbeigeführt, die für die Adelsrepublik (Rzeczypospolita) ungünstige Situation an ihren süd-östlichen Grenzen zu schaffen. Die Siege Sobieskis weckten die propolnische Stimmung unter den Kosaken. Der König schürte nicht nur die Stimmung unter ihnen, sondern führte auch einen politischen Umsturz in der Ukraine herbei. An der Spitze der antitürkischen Aufständischen auf dem rechten Ufer des Dnjepr Prawobrzeże, kam Stefan Kunicki, ein mit dem König über den Aufstand gegen die Pforte korrespondierender Anführer der Ältesten, der noch vor Juli 1683 zu Hetman der Kosaken vom König ernannt wurde. Im Oktober 1683, ein Monat nach dem Sieg bei Wien, versammelte Kunicki eine beträchtliche Anzahl der Kosaken um sich und griff Nemyriv (Niemirów) an, von wo der von Kosaken verlassene Statthalter des protürkischen Fürsten von Moladawien geflohen war. In Nemyriv richtete er seine Hauptstadt ein und begann eine Armee aufzustellen. Im Winter griffen die Kosaken die Türken in Podolien an und ein Heer wurde von Kunicki persönlich nach Moldawien geführt. Im März 1684, nach der Rückkehr des nicht glücklich verlaufenden Heerzugs auf das andere Ufer des Dniestr, wurde Kunicki von seinen eigenen Kosaken ermordet. An seine Stelle wurde Andrzej Mochyla gewählt, der von Sobieski unverzüglich als neuer Hetman bestätigt wurde[1].

Die personellen Veränderungen hatten aber keine politischen Auswirkungen gehabt. Schon im Frühjahr 1684 traten die Kosaken unter Hetman Mochyla an die Seite Polens. In dem mühsamen Feldzug des Jahres 1685 spielten Kosaken eine sehr wichtige Rolle. Hauptmann der Kosaken Semen Palij (Palej) verband sich mit der Armee des Krongroßhetmans Stanislaw Jablonowski und nahm an dem Feldzug nach Moldawien, insbesondere an der mehrtägigen blutigen Schlacht bei Bojan in der Bukowina in den ersten Tagen Oktobers teil. In der Schlacht, in der er verwundet wurde, kämpften die verfeindeten Heere mit noch größerer Verbissenheit als in den Schlachten bei Kahlenberg und Párkány. In Vertretung Palijs wurden die Kosaken während des gefahrvollen Rückzugs aus der Bukowina von Hauptmann Hryszko angeführt, der wegen seines Übermuts während der letzten Schlacht dieses Feldzugs bei Zuczka in die türkische Gefangenschaft geriet. Im November stand Hetman Mochyla vor der Invasion der Hauptarmee des osmanischen Imperiums in die Ukraine. Nach dem Abzug der polnischen Armee unter Jablonowski, unternahmen die Türken den Versuch, an Stelle von Mochyla den protürkischen Sulima einzusetzen und damit die Herrschaft des Sultans am rechten Ufer des Dnjepr wiederherzustellen. Die von kämpferischen Kosaken verteidigte Hauptstadt Nemyriv überstand die Belagerung und die osmanische Armee zog sich aus der Ukraine zurück. Die misslungene Aktion, Hauptman Sulima in Nemyriv einzusetzen, war der letzte Versuch der Pforte, Einfluss auf die Kosaken zu nehmen. Der Feldzug im Jahre 1685 zeigte, dass die Osmanen nicht mal im Schutze ihrer Armee, Anhänger in der Ukraine unter den Kosaken finden können. Auch Sulima hat wenig Anhänger gefunden. Sein Heer zählte vor der Kampagne nur wenige Hundert Männer und ihre Anzahl stieg während des Feldzugs an der Seite der imperialen Armee nicht weiter an. Die Situation lässt sich mit der Situation vergleichen, die fünfundzwanzig Jahre später Karl XII. erleben musste, als er auf den Nachschub von Hetman Iwan Mazepa warten musste.

Das Schwinden der Sympathien für die Osmanen unter den Kosaken auf dem Rechtsufer des Dnjepr war nun von Dauer. Den Türken hat nicht mal die Rebellion der Kosakenanführer Buluk-Basza, Barabasz und Koruneć geholfen, die vor dem Feldzug des Jahres 1685 wegen ausstehender Soldzahlungen Aufruhr gegen die Adelsrepublik (Rzeczypospolita) geschürt hatten[2]. Während des Feldzugs im Jahre 1686, an dem sich wieder zahlreiche Kosaken unter den Fahnen von Sobieski versammelt hatten, zog die Pforte alle Verteidigungspunkte nördlich des Dnjestr, ausgenommen die Festung Kamieniec, zurück. Von diesem Zeitpunkt an aktive Aktionen gegen polnische Gebiete: Podole, Wolynien und Rotreussen führten vorwiegend nur Tataren aus, die ohnehin am langfristigen Landgewinn nicht interessiert waren. In dieser Situation agierten die aus der Ukraine vertriebenen protürkischen Anführer von Moldau oder von den „Wilden Feldern“ aus. Sie besaßen jedoch sehr beschränkte Möglichkeiten, unzufriedene Kosaken um sich zu scharen. Dennoch unternahmen sie noch in den neunziger Jahren weiterhinVersuche, Aufstände gegen die Adelsrepublik (Rzeczypospolita) mit Hilfe von Agenten zu schüren, die vom Hof des Hospodars von Moldau gesandt wurden[3]. Sobieski hat de facto unter Kosaken die türkische Option ausgelöscht und den Einfluss der Adelsrepublik (Rzeczypospolita) auf dem rechten Ufer des Dnjepr erneuert. Die Verdrängung der Osmanen aus der Ukraine nach dem Entsatz vor Wien kann man als eine natürliche Folge der Niederlage von Kara Mustafa im Jahre 1683 und der in nachfolgenden Jahren wachsenden Probleme der Pforte ansehen. Der Erfolg bei Wiener wirkte aber auch auf die russischen Gebiete auf dem linken Ufer des Dnjepr und löste Komplikationen zwischen Polen und Russland aus. In der Ukraine, in der sich die internationalen Kontakte Osteuropas zu einem Gordischen Knoten verbanden, war es besonders leicht, diese Beziehungen aus dem Gleichgewicht zu bringen oder sie zu verschärfen.


[1] J. Wimmer, Wiedeń 1683 (Wien 1683), Warszawa 1983, S. 410.

[2] J. Perdenia, Stanowisko Rzeczypospolitej wobec sprawy Ukrainy na przełomie XVII – XVIII w. (Die Haltung der Adelsrepublik gegenüber Ukraine an der Wende vom 17. Zum 18. Jh.), Wrocław 1963, S. 48. Vgl. J. Wojtasik, Kozacy w siłach zbrojnych Rzeczypospolitej w wojnie z Turkami (1684 – 1699) (Die Kosaken in militärischen Formationen der Adelsrepublik während des Krieges gegen die Türkei), in: Stosunki polsko – ukraińskie w XVI – XX wieku (Polnisch-Ukrainische Beziehungen vom 16. bis zum 20 Jahrhundert), red. von  J. Wojtasik, Siedlce 2000.    

[3] List [Kazimierza Sarneckiego do Jana III Sobieskiego], (Brief [des Kazimierz Sarnecki an Johann III.Sobieski]), Lwów, 21 XII 1695, in: Kazimierz Sarnecki, Pamiętniki z czasów Jana III Sobieskiego. Diariusz i Relacje z lat 1691 – 1696 (Erinnerungen aus der Regierungszeit von Johann III. Sobieski, Tagebuch und Berichte aus den Jahren 1691-1696), bearbeitet von J. Woliński, Wrocław 1958, Nr. 60, S. 387 – 388.

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