Ein Gruppenporträt der Verteidiger von Wien
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Musée Palais de Wilanów

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Musée Palais de Wilanów

Ein Gruppenporträt der Verteidiger von Wien
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Der Triumpf von Wien wurde rasch vom Hof der Habsburger zum Ruhm der siegreichen christlichen Truppen verwendet. Diesem Ziel dienten zahlreiche Drucke, darunter Flugblätter, sowie Stiche, die in Deutschland und Österreich entstanden. Ein Beispiel ist ein Kupferstich von Johann Azelt (Azold), einem Nürnberger Grafiker und Kupferstecher (1654 - ?), der in den Jahren 1672 - 1692 wirkte. Dieser Stich, herausgegeben von David Funck wohl schon kurz nach 1683, stellt ein heroisierendes Porträt der siegreichen Heerführer dar, die zum Entsatz der belagerten Stadt geeilt waren – ein Porträt, das natürlich in der Phantasie des Kupferstechers entstanden und nicht der Natur nachgebildet ist.

Der Kupferstich stellt sechs Reiter vor dem Hintergrund des Wiener Panoramas dar, auch wenn nicht alle nach ihren wirklichen Verdiensten abgebildet sind. Die Gruppe wird im Grunde genommen dominiert von den im Vordergrund abgebildeten Personen: Kaiser Leopold I., der, auch wenn er gar nicht an der Schlacht teilgenommen hatte, nach der Intention der offiziellen österreichisch-deutschen Quellen, hier die Hauptrolle spielt. Nicht umsonst ist er mit dem Siegeskranz gekrönt, während er mit der gesenkten Rechten den Feldherrnstab hält. Ein ebensolches Regiment hält der zur Linken des Kaisers dargestellte Kurfürst von Sachsen Johann Georg III. Ironischerweise ist der zur Rechten des Kaisers abgebildete polnische König Johann III. Sobieski, der Oberbefehlshaber und wahre Held von Wien, ohne Siegeskranz und Feldherrenstab abgebildet. Plump in den Hintergrund der Komposition gedrängt, scheint er die Rolle eines „armen Verwandten“ zu spielen, wenn auch die über seinem Haupt stehende Inschrift König in Poln keinerlei Zweifel an seiner Identifikation zulässt. Die drei übrigen Reiter – Graf Starhemberg; Fürst Waldeck und der Kurfürst von Bayern Maximilian II. Emanuel – verbergen ihre Antlitze im Schatten und nur die sichtbaren Inskriptionen helfen bei der Identifizierung der Personen. Es fehlt hier noch Herzog Karl von Lothringen, der Anführer der kaiserlichen Truppen. Seinen Platz nimmt wohl der Kaiser selbst ein.

Der oben stehende panegyrische, in Schwabacher Schrift gesetzte Sechszeiler (der sich ursprünglich unter der Komposition befunden hatte und zusammen mit der Herausgeberadresse in Form eines Streifens ausgeschnitten und an anderer Stelle eingeklebt wurde) schafft nur scheinbar die Illusion der Gleichheit der Verbündeten: „Schaut hier die Helden an, durch deren Tapferkeit die ungeheure Macht der Türcken wurd zerstreut und Gott den Sieg beschert der theüren Christenheit (…)“

Azelts Kupferstich ist ein glaubwürdiges Zeugnis der unterkühlten und im Grunde genommen ablehnenden Haltung Leopolds I. gegenüber Johann III. Diese negative Beziehung drückte sich, auch in der Literatur in der konsequenten Herabwürdigung der Rolle Sobieskis als des Oberbefehlshabers und Befreiers des Kaiserreichs aus, wie auch in der Aufwertung der Bedeutung des missgünstigen Kaisers, der um jeden Preis sein beschädigtes Ansehen aufpolieren musste. Was den künstlerischen Wert des Stichs angeht, so verlangte seine Komposition eine gute Beherrschung der Perspektive, etwa bei der Darstellung der zusammengedrängten Rösser. Azelt löste dieses Problem so, wie es seine Fähigkeiten erlaubten: Von den sechs Reitern sind nur drei gut zu erkennen, die übrigen sind nur angedeutet, gewisserweise modellhaft, wobei es nicht möglich ist, die Zahl der Rösser festzustellen.

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