Ereignisse um Johann III. in polnischen und ausländischen Presseberichten – Wien (12.09.1683)
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Musée Palais de Wilanów

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Musée Palais de Wilanów

Ereignisse um Johann III. in polnischen und ausländischen Presseberichten – Wien (12.09.1683)
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Nur wenigen Ereignissen in der Geschichte der polnisch-litauischen Adelsrepublik war ein so exzellenter ikonographischer Rahmen zu eigen wie im Falle Schlacht von Wien. Die Signifikanz des Triumphs aus der Sicht des gesamten christlichen Europas und der einzelnen Staaten war im Ruhm des wundersamen Einsatzes Johanns III. Sobieski und der polnischen Truppen nicht zu unterbieten. Um die Neugier der Leser unterschiedlicher Zungen befriedigen zu können wurden die Neuigkeiten von der Schlacht in verschiedenen Fassungen veröffentlicht. Den unterschiedlichen Presseberichten und literarischen Werken, die Johann III. und den übrigen betitelten Verteidigern Wiens gewidmet waren, verdanken wir, dass die Erinnerung an die Schlacht bis heute im allgemeinen Gedächtnis präsent ist.

Gedruckt wurden ausführliche Beschreibungen in Tagebuchform (z.B. Ausführliches Diarium, oder Journal, was sich in wärender Belägerung der Kaiserlichen Residentz-Stadt Wien in- und ausser deroselben zwischen dem Erb-Feind und den Belägerten von Tag zu Tag zugetragen..., Breslau, o. Verl., 1683; Diarium der gesamten Belagerung Wiens von den Türken und deren Befreiung. Von den christlichen Truppen, wahrheitsgetreu beschrieben durch den Schreiber der kaiserlichen Kanzlei und anschließend aus dem Deutschen in die polnische Sprache übersetzt..., Warschau, Karl Schreiber, 1683; Relatione diaria di quanto e seguito nell`assedio della città di Vienna d`Österreich attacata a` 14 di Luglio 1683..., Genova, Antonio Casamara, 1683) und einseitige Flugblätter, mit Stichen versehen, welche die Aufstellung der Truppen und Portraits der Anführer veranschaulichten, wie z.B. im Fall des Umständlicher Verlauff der merkwürdigsten Begebenheiten, welche sich so wol Türckischer Seits bey entzetzlicher Belägerung der Kayserl. Haupt- und Residenz-Stadt Wien als auch auf Seiten der Christen bey höchstglücklicher Entsetzung derselber ereignet. Anno 1683 (o.O., 1683, Kupferstich, Thomas Hirschmann). In diesem Druck, der „wahren Darstellung der mutigen Helden” (Johann III., Leopold I., bayerischer Kurfürst Max II. Emanuel, Karl V. von Lothringen, sächsischer Kurfürst Johann Georg III., Georg Friedrich von Waldeck, Markgraf von Bayreuth Christian Ernst, Ernst Rüdiger von Starhemberg) wurde im Hintergrund der doppelköpfige kaiserliche Adler angebracht, also auf eine Art, die das Kaiserreich glorifizieren sollte.

Bemerkenswert ist dabei, dass die Berichterstattung über die Schlacht von der deutschsprachigen Presse beherrscht wurde, die sie in alleinigen Erfolg des Kaiserreiches umgestaltete. In den Zeitungen wurden ausführliche Listen der gefallenen deutschen Offiziere sowie der Beutestücke aus dem türkischen Lager veröffentlicht. Auf entsprechende Weise wurde das Treffen zwischen dem Kaiser Leopold und Johann III. nach der Schlacht redigiert, das später vom polnischen König so negativ bewertet wurde (Vgl. Genaue und eigentliche Relation dessen waβ nach glücklichem Entsatz der Stadt Wienn bis zum 25. September 1683. weiters passirt..., Regensburg, Augustus Hanckwitz, 1683). Für allgemeine Begeisterung sorgte auch die übermutige Geschichte des Georg Franz Kulczycki, der als Türke verkleidet, sich aus dem belagerten Wien zu den Truppen des Entsatzes  durchschleichen konnte (Das heldenmütige wievol gefährliche Unterfangen Herrn Georg Frantzen Koltschitzky welcher Gestalt derselbe, in ängstlicher Türkicher Belägerung der Kayserlich Haupt- und Residenz-Stadt Wien in Oesterreich durch das feindliche Lager gedrungen... Nebst einer neuen gedächtnis Müntze von ermeldter Belägerung. Wien 1683, o. Verl.).

Innerhalb der Adelsrepublik kursierten zahlreiche Nowiny (Nachrichten), die weitere Informationen über das Geschehen Publik machten, wie etwa der heute noch in vielen Exemplaren greifbare Bericht des Entsatzes, der 14 Stunden dauerte und der am die 12 Septe[m]bris über den Feind von Wien von den Truppen Seiner Majestät, des unbesiegbaren Großen Polnischen Monarchen Johann des Dritten errungenen Victoria, aus den Zelten des Wesirs aus dem Feldlager verschickt, sowie Excerpta aus dem Brief Seiner Hoheit des Königs an Ihre Hoheit die Königin, verfasst sub Die 13 Septembris. Anno Domini 1683 (o. Verl. u. O.). Kein Wunder, dass man im Bericht der großen Belagerung Wiens von den Türken im Jahr des Herren 1683 (o. Verl. u. O.) neben der Spezifikation der Kriegsmunition, die aus dem türkischen Lager in das Wiener Zeughaus verlegt wurde und der Spezifikation der türkischen Truppen, die im Zelt des Wesirs gefunden wurde auch die traurige Spezifikation der Gefangenen, das heißt, wie viele Menschen beider Geschlechter die Türken und Tataren während der Belagerung Wiens und des Einfalls in Ungarn aus Österreich und den angrenzenden Ländern gefangen genommen und wie viele Städte und Dörfer niedergebrannt hatten fand. Die südöstlichen Randgebiete der Adelsrepublik wurden seit Jahren durch die türkischen Überfälle entvölkert.

Nachrichten anderer Art wurden in italienischer Sprache veröffentlicht. Publiziert wurden u.a. die Briefe mit der Schilderung des Sieges von Wien, die von Sobieski aus dem Feldlager an  Innozenz XI. und den Dogen von Venedig Alvisio Contarini verschickt wurden (Copia di lettera scritta dalla Maestà del Re di Polonia alla Santità di Nostro Signore, o. Verl. u. O.), ferner ein Schreiben an den polnischen Residenten Giovanni Carlo Mattesilani (Copia di lettera scritta dal campo sotto Vienna a Bologna all`Illustriss. Sig. Gio: Carlo Mattesilani Residente della Maestà del Re di Polonia, Firenze, o. Verl., 1683) sowie ein Bericht über die in Rom am 25. November veranstalteten Feierlichkeiten anlässlich des Sieges (Distinta relatione delle sontuose feste celebrate nell`alma citta di Roma per la vittoria dell`armi cristiane collegate contro il Turco, 25. Settembre 1683, Genova, Giuseppe Bottaro, 1683). Auch die polnischsprachigen Leser wurden darüber in Kenntnis gesetzt (Triumph in Rom, gefeiert ultimis diebus Septembris nach dem Sieg von Wien über die Türken, zu Ehren seiner Königlichen Majestät und des polnischen Volkes, o. Verl. u. O.). Die Stadt wurde hell erleuchtet, die Hauptfeierlichkeiten fanden auf der Piazza Navona statt: „die Musikkonzerte veranschaulichten Schlachten, Kämpfe und Stürme der Truppen”. Auf Kosten des Kardinals Pamphili wurden durch Hauptstraßen „prachtvolle Triumphwagen gezogen, auf denen die Person seiner Majestät unseres Königs dargestellt, in Triumph nach Rom geführt wurde”, das gemeine Volk wiederum „in polnische Trachten verkleidet, mit Säbeln und Lanzen (bewaffnet), baute sich Türken, Paschas und Wesire aus Tuch und Stroh. Sie sprangen um diese herum, stachen und schossen auf sie ein und schließlich die erstochenen und erschossenen im Tiber [...] ertranken”.

Den Einzug in eine italienische Publikation fand auch die Beschreibung des grünen Banners des Sultans, der Johann III. dem Papst Innozenz XI. schenkte und der anschließend auf einer päpstlichen Gedenkmedaille verewigt wurde (Giovanni Hamerani, 1684). Der Banner des Propheten wie auch andere Geschenke des polnischen Königs für den Papst wurden in Drucken in verschiedenen Sprachen beschrieben (Disegno dello standardo del Primo Visire levato sotto Vienna dal Serenissimo e Invittissimo Giovanni Terzo Re di Polonia, e da Sua Maestà mandato alla Santità di Nostro Signore Papa Innocenzo Undecimo..., Bologna, Giacomo Monti, 1683, hier: Holzschnitt mit der Darstellung des Banners; Distinta relatione delli honori e regali ricevuti à Roma, dall` Ill. Sig. Talenti, secrtario del Re di Polonia, che ha portato il gran standardo de` Turchi, Venezia, o. Verl. 1683; Eigentliche Beschreibung der Fahnen der Fahnen deβ Groβ-Veziers so unter Wien von dem Unüberwindlichsten König aus Pohlen Johannes dem III. erobert und nachmahlen an Ihro Päbstl. Heiligkeit Innocentium den XI. von gedachter Königlicher Majestät überbracht worden..., o. Verl. u. O.1683), in Druck erschien dabei auch die Rede, die aus diesem Anlass vom Kardinal Jan Kazimierz Denhoff gehalten wurde (u.a. Ultimo, e veritiero racconto di quanto e accaduto in Vienna con l`oratione latina dell`Abb. di Chia. tomba recitata avanti il Pontefice per parte della Maestà di Polonia tradotta in italico..., Napoli, Francsco Benzi, 1683).

Erwähnungswert sind auch Zeitungen mit Lobgedichten für Johann III., von denen nach der Schlacht sehr viele entstanden sind (z.B. Francesco Fulvio Frugoni, Vienna liberata. Sonetto, in: Altra novissima relazione venuta ultimamente da Vienna il di 27. Settembre 1683, Genova, Giuseppe Bottaro, 1683). Zum Vergleich, in Frankreich veröffentlichte man bebilderte Almanachs mit Darstellungen der Apotheose von Wien (Vgl. La Levée honteuse du Siege de Vienne par le Grand Visir le 12 Septembre 1683 apres 3 mois de tronchee ouverte, Paryż, Francois Jollain?, 1683). Bemerkenswert sind dabei auch Drucke mit der Beschreibung der Feierlichkeiten, die zur Erinnerung an den Sieg veranstaltet wurden, u.a. in Warschau (Trost spendende Nachrichten über Seine Hoheit den Polnischen König und die tapfere Ritterschaft der polnischen Krone, die nun die Festung Stephanopolim oder Sehetyn aus der türkischen Hand zurückerobert haben, o. Verl. u. O., nach 22. November 1683), in Danzig (Eigentliche und gewisse Nachricht der von Sr. Kön: Majestät zu Pohlen wieder den allgemeinen Erb-Feind der Christenheit erhaltenen herrlichen victori... abgelauffen, Danzig, David Friedrich Rhete, 1683) oder im fernen Sevilla (A mayor glori de Dios. Lyrica Relacion de la fiesta, que la Illustrissima Hermandad hizo en accion de gracias de la victoria del rey de Polonia y del duque de Lorena contra el poder otomano, Sevilla, Juan Francisco de Blas, 1683). In Warschau wurde am 21. November 1683 auf dem Ring ephemere Architektur mit Feuerwerkskörpern aufgestellt: „ein vierseitiges Theatrum, an seinen vier Ecken veranschaulichten vier überkreuzt angebrachte Tore die Königliche Krone, über der Krone, zwischen zwei Bannern, den Weißen Adler mit ausgebreiteten Flügeln, größer als drei Ellen. Über dem Ganzen  [befand sich] ein Posaunenengel, an der Spitze der Krone ein weißer Banner mit dem Adler und unter ihm die Türken mit auf dem Rücken gefesselten Händen”.

Die riesige Nachrichtenmaschinerie, die nach der Wiener Schlacht in Bewegung gesetzt wurde, erweckte auch das Interesse an der späteren Geschichte der Protagonisten der Schlacht. Der Leser bekam somit Kenntnis von den Aktivitäten Johanns III. und der polnischen Truppen in Ungarn (Vgl. Altra novissima relazione venuta ultimamente da Vienna, Genova, Antonio Giorgio Franchelli, 1683), von den Schlachten bei Párkány (7 und 9. Oktober 1683) oder der Eroberung von Esztergom (27. Oktober, z.B. Auβführlicher Bericht deβ bey Baracan von den Kaiserlichen und Königlichen Polnischen Armeen mit denen Türcken gehaltenen zweymaligen blutigen Gefechtes und darauf erfolgter glücklichen Eroberung der Stadt Baracan..., Breslau, o. Verl. 1683). Veröffentlicht wurden u.a. Briefe Johanns III., in denen er dem Kapuzinermönch Marco d’Aviano und dem polnischen Nuntius Opizio Pallavicini die Nachricht über den Sieg bei Párkány vom 9. Oktober übermittelt (Copia di lettera scritta dalla Maestà del Re di Polonia al Padre Marco d`Aviano Capuccino. Tradotta fedelmente dalla lingua latina nel nostro idioma, Genova, Giuseppe Bottaro, 1683; Copia Schreibens Sr. Königl. Majest. in Pohlen an den Nuntium Apostolicum Herrn Palavicini, worinnen enthalten wie Gott der Allmächtige bey einem scharffen Treffen die Christl. Waffen wider den Erbfeind Christl. Nahmens abermahls höchst-glücklich gesegnet. Gegeben im Lager an der Donau gegen Gran über den 9. Octobr. 1683. Im Jahr 1683, o. Verl. u. O.). Ein weiteres Kapitel der mithilfe der Presse geführten Kampagne von Wien bildete die Geschichte des Briefes Johanns III. an Maria Kazimiera, der  – übrigens keinesfalls aus romantischen Gründen – unterschiedliche Bearbeitungen und Sprachfassungen erfuhr [siehe unten].


Quellen und Publikationen (Auswahl):

B. Biliński, Le glorie di Giovanni III Sobieski vincitore di Vienna 1683 nella poesia italiana, Wrocław 1990.

A. Hirsch, Die Medaillen auf den Entsatz Wiens 1683, Troppau 1883.

Tryumf w Rzymie odprawiony ultimis diebus Septembris po zwycięstwie Wiedeńskim nad Turkami otrzymanym, na sławę I.K.M i Narodu Polskiego, in: K. Zawadzki, Początki prasy polskiej. Gazety ulotne i seryjne XVI-XVIII wieku [Anfänge der polnischen Presse. Flug- und Serienblätter des 16.-18. Jh.], Warszawa 2002, S. 383-384.

H. Widacka, Lew Lechistanu [Der Löwe des Lechistan], Warszawa 2010.

K. Zawadzki, Losy listu króla Jana III do Marii Kazimiery o zwycięstwie wiedeńskim 1683 roku [Die Geschichte des Briefes Johanns III. an Maria Kazimiera über den Wiener Sieg von 1683], Warszawa 1983.

K. Zawadzki, Gazety ulotne polskie i Polski dotyczące XVI-XVIII wieku. Bibliografia [Flugblätter aus und über Polen des 16.-18. Jh. Bibliographie ] Bd. 2: 1662-1728, Wrocław 1984.

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