Jerzy Eleuter Szymonowicz Siemiginowski (ca. 1660 – ca. 1711)
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Musée Palais de Wilanów

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Jerzy Eleuter Szymonowicz Siemiginowski (ca. 1660 – ca. 1711)
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Jerzy Szymonowicz Siemiginowski gehörte zu den wichtigsten Künstlern, die für König Johann III. Sobieski tätig waren. Seine Werke prägten nachhaltig die endgültige Form der Ausstattung der königlichen Apartments im Schloss von Willanów, während die von ihm gemalten Portraits für die Visualisierungsart des Herrschers und seiner Familie von entscheidender Bedeutung waren. Siemiginowski kam gegen 1660 auf die Welt als Sohn des königlichen Hofmalers Jerzy Szymonowicz und seiner Gattin Teodora (Teodozja) aus der Lemberger Bürgerfamilie Korunk. Als eine der Quellen für die Erforschung der Herkunft der Familie des Malers gilt die Genealogie des Hauses der Hochwohlgeborenen Herren Siemiginowski und S.H. Herrn Jerzy Elephter Siemiginowski, angefertigt im Jahre 1783 als Nachweis der adligen Herkunft der Nachkommen des Künstlers. Die dort enthaltenen Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass der Vater von Jerzy aus der Adelsfamilie Siemiginowski stammen könnte. Die Glaubwürdigkeit dieses Dokuments lässt allerdings zu wünschen übrig, obwohl ein Teil der dort greifbaren Informationen auch durch andere Quellen bestätigt wird.

Entscheidend für die Entwicklung der Malerwerkstatt von Jerzy Szymonowicz Siemiginowski war sein Aufenthalt in Rom, wohin er vom König Johann III. ca. 1677 zu Studienzwecken geschickt wurde. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass Siemiginowski vor dem Aufenthalt in der Ewigen Stadt auch Paris besuchte. In seinen Werken findet man zwar Hinweise auf die Kenntnisse der französischen Kunst, doch in den Quellen wird dieser Aufenthalt nicht bestätigt.

Siemiginowskis Lehrjahre in Rom wurden von einem spektakulären Erfolg bekrönt. Am 11. Januar 1682 gewann er den von der Accademia di San Luca für die jungen Künstlerlehrlinge veranstalteten Wettbewerb in der ersten - der höchsten Klasse der Malerei. Die für diesen Wettbewerb vorgelegten Arbeiten, die Zeichnungen Der Bau des Turmes zu Babel und Gottes Zorn wegen der Erbauung des Turmes zu Babel, aufbewahrt im Archiv der Römischen Accademia, sind auch die frühesten heute bekannten Werke Siemiginowskis. Wohl dank dieser Auszeichnung, jedoch wie man vermuten kann, vorrangig auf Empfehlung von Johann III., möglicherweise mit Unterstützung des polnischen „Protektors”, Kardinals Carlo Barberini oder des Fürsten Livio Odescalchi, Neffen des Papstes oder gar des Papstes Innozenz XI. höchstpersönlich wurde der Maler am 6. September 1682 in die Accademia di San Luca aufgenommen.

Mit der Persönlichkeit des Fürsten Odescalchi steht ein weiteres bekanntes römisches Werk Siemiginowskis in Verbindung. Der Maler widmete dem Fürsten eine Stichserie, die nach den (nicht mehr erhalten) allegorischen Fresken des Malers Lazzaro Baldi, einem Schüler von Pietro da Cortona, aus dem römischen Palazzo Odescalchi angefertigt wurde. Möglicherweise war es auch Lazzaro Baldi, der wie man vermutet, einer der Lehrer Siemiginowskis war (vielleicht neben Luigi Garzi), der dem jungen Maler die Grundlagen der Bildkomposition vermittelte, obwohl die größte Bedeutung für sein späteres Schaffen der akademischen Kunsttheorie beigemessen wird. Die genannte Stichserie besteht neben dem auf den 29. November 1682 datierten Widmungsblatt aus fünf Radierungen - einer Wiederholung des zentralen Fresko aus dem Palazzo Odescalchi – eine allegorische Komposition zur Glorifizierung der Familie Odescalchi – sowie vier Darstellungen: die Nacht, der Tag, die Morgenröte, die Abenddämmerung.

Dem Widmungsblatt dieser frühesten bekannten grafischen Werke des Malers zufolge stand der junge Siemiginowski während seines römischen Aufenthaltes mit dem Mäzenatentum der Familie Odescalchi in Verbindung, der Fürst Livio zählte offensichtlich auch zu den Förderern des Künstlers. In Rom schuf Siemiginowski vermutlich auch weitere Arbeiten, die allerdings nicht näher bekannt sind. Ein Werk - ein Pastellportrait des Königs Johanns III., das in einem Brief des Beichtvaters des Königs, des Jesuiten Carlo Maurizio Vota vom 6. Juni 1693 erwähnt wird, befand sich in der Sammlung des Kardinals Carlo Barberini. Es lässt sich nicht nachweisen, ob der Maler in die Arbeiten am Entwurf für das nicht ausgeführte Denkmal Johanns III. für den Vatikan involviert war. Mit Siemiginowski in Verbindung gebracht wird außerdem ein kleines Gemälde aus den Beständen des Königsschlosses auf dem Wawel, mit dem Titel Die Malerei führt den Maler vor die Statuen Johanns III. und Maria Kazimieras, ebenfalls mit seinem Aufenthalt in Rom verbunden, das Werk wird übrigens unter dem Titel Glorifizierung des künstlerischen Mäzenatentums Johanns III. Sobieski manchmal auch Jan Reisner zugeschrieben, ebenfalls einem Stipendiaten Johanns III. und Laureaten eines Wettbewerbs der Accademia di San Luca.

Noch vor seiner Rückkehr nach Polen wurde der Maler vom Papst Innozenz XI. mit dem Orden vom Goldenen Sporn ausgezeichnet, mit dem auch die Titel des Eques Auratus (Goldener Ritter) und Lateranensis Comes (Graf vom Lateran) verbunden waren. Diese Würdigung, die der Erhebung in den Adelsstand gleichgesetzt war, veränderte den gesellschaftlichen Status Siemiginowskis, der sich von nun an selbst als „Kavalier Eleuter” bezeichnete. Mehrere Jahre später wurde sein Adelsprädikat von Johann III. durch Schenkungen bestätigt. Der König verlieh ihm mit der Urkunde vom 7. August 1687, die in Żółkiew ausgestellt wurde, das Dorf Łuka bei Złoczów auf Lebenszeit, ein Jahr später (31. Juli) den eigenen Titel Eques Auratus.

Plafon 'Lato' w Sypialni Króla, mal. Jerzy Szymonowicz-Siemiginowski, ok. 1689,  fot. Z. Reszka.jpg
Plafon Jesień w Antykamerze Królowej.jpgPlafon Zima w Antykamerze Króla.jpgPlafon Wiosna w Sypialni Królowej.jpg

Siemiginowskis Weg aus Rom könnte auch über Paris führen, mit Sicherheit aber durch Wien, wo er im Juni 1683 zusammen mit Jan Reisner für den König Gemäldeeinkäufe betätigte.

Nach seiner Rückkehr nach Polen war Siemiginowski überwiegend für Johann III. tätig, verzichtete allerdings nicht auf Aufträge anderer Kunden. Er übernahm die Leitung der vom König gegründeten sog. „Malerschule von Willanów”, als Nachfolger ihres früheren Direktors Claude Callot, der nach Breslau ging. Er schuf Gemälde, Stiche (in der königlichen Bibliothek der Residenz von Żółkiew befand sich eine Mappe mit „Kupferstichen verschiedener Personen, angefertigt von Herrn Szymonowicz”) sowie Entwürfe (er beteiligte sich z.B. an der Planung des Rathauses von Żółkiew). Der Maler beaufsichtigte auch einige künstlerische Projekte des Königs wie etwa die Ausführung der Skulpturenausstattung für die Kirche der Karmeliterinnen in Lemberg. In den späten 80er Jahren des 17. Jh. wohnte er in Willanów, zog allerdings ca. 1690 in den Kazimierz-Palast (poln. Pałac Kazimierzowski) in Warschau, an den Hof des Prinzen Jakub Sobieski. Er lebte und arbeitete in Willanów bzw. in Warschau, besuchte allerdings gelegentlich seine Heimatstadt Lemberg. Bei einem dieser Aufenthalte schuf er im Jahre 1687 das heute nicht mehr erhaltene Sargbildnis von Maria Anna Jabłonowska, geb. Kazanowska. Das auf Silberplatte gemalte Konterfei entsprach vermutlich dem Typus der in Polen weitverbreiteten Sargportraitmalerei.

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Zu den wichtigsten für Johann III. angefertigten Werken Siemiginowskis gehören Gemälde und Bildnisse, die für die Innenausstattung von Willanów bestimmt waren. Die allegorischen Kompositionen des Malers mit Darstellungen der vier Jahreszeiten schmücken die Haupträume des Schlosses – die Apartments des Königs und Königin. Das einzige nicht erhaltene Bild dieser Gruppe Tag und Nacht, das die Decke im Großen Flur schmückte, zeigte Apollon, der die Finsternis der Nacht erleuchtet, die dem ankommenden Tag den Vortritt bittet und war das Verbindungselement im Programm der übrigen Gemälde. Das Schlafzimmer und das Vorzimmer im Apartment der Königin sind mit folgenden Deckengemälden ausgestattet: dem Frühling, sein literarisches Vorbild war das als Dialog konzipierte Gedicht von La Rosa Giambattista Marini, und dem Herbst, der ähnlich wie die Gemälde im Apartment des Königs – der Sommer und der Winter – die Metamorphosen von Ovid rezipiert. Siemiginowski verband die einzelnen Jahreszeiten mit den zugehörigen Naturelementen und entsprechend der Tradition des 17. Jh. mit Sternzeichen, die den Wandel und den Lauf der Zeit veranschaulichen. Sie bezogen sich zudem auf die Ausschmückung der Facetten/Gesimse, die mit Szenen der Tätigkeiten ausgemalt wurden, die den einzelnen Jahreszeiten entsprechen. Einige dieser Szenen, die an Vergills Georgica anknüpfen, sind vermutlich ebenfalls ein Werk Siemiginowskis. Bei einigen Figuren der Deckengemälde handelt es sich um allegorische Portraits der Schlossbesitzer. Besonders interessant erscheint in diesem Kontext der Sommer mit der Darstellung Maria Kazimieras als Aurora-Astrea, wie auch der Frühling mit Szenen der von Ovid beschriebenen Verwandlungen von Menschen in Blumen, insbesondere der Rose, deren Gestalt ähnlich wie die gesamte Szene als allegorisches Bildnis der Königin interpretiert werden kann, die manchmal vom Johann III. als Rose oder Blumenstrauß bezeichnet wurde. Als Inspirationsquellen für Siemiginowskis Deckengemälde dienten sowohl antike Werke als auch die Arbeiten großer Meister wie Carlo Maratta, Pietro da Cortona, Guido Reni, Annibale Carracci, Gian Lorenzo Bernini, Nicolas Poussin, Charles Le Brun oder Antoine Coysevox.

Der Maler entnahm daraus einzelne Motive, die er allerdings in eigene, selbständig konzipierte Kompositionen einfügte und ihnen mittels eigener Modellierung, Farbgebung oder Gestaltung der Stoffe individuelle Züge verlieh. Die geschickte Übernahme der künstlerischen Lösungen anderer Meister, breite Auswahl an Inspirationen sowie die Herangehensweise bei der Gestaltung eigenständiger Kompositionen sind ein Beweis für Siemiginowskis profunde Malerausbildung.

Das Apartment der Königin wird mit einem weiteren, ebenso wichtigen Werk des Malers ausgeschmückt – der Ausstattung im sog. al Fresco-Kabinett. Siemiginowski gestaltete dort, in diesem Fall nicht auf der Leinwand, sondern unmittelbar auf der Putzschicht Fresken - Nachahmungen der Gobelins (mit Darstellungen Apolls: Apollon und Issa, Apollon und Sibylle von Cumae, der spielende Apollon), Bronzemedaillons, Skulpturen über dem Kamin und Architekturelemente. Möglicherweise schuf der Maler auch die Ausstattung einiger Räume im 1. und 2. OG des Schlosses von Willanów.

Jan III Sobieski z synem Jakubem, mal. JerzyEleuterSzymonowicz-Siemiginowski

Mit Siemiginowski in Verbindung gebracht werden auch weitere allegorische Gemälde, die sich auf mythologische Themen bzw. literarische Texte beziehen. Im Schloss von Olesko befindet sich das Bild Bachus und Ariadne, dessen Komposition es als Entwurf für ein Deckengemälde, möglicherweise für eine der Residenzen von Johann III. wie z.B. Żółkiew, identifizieren lässt. Mariusz Karpowicz verband mit der Tätigkeit des Künstlers das Gemälde Rinaldo und Armidia aus dem Nationalmuseum von Stockholm, das zuvor für ein Werk von Andrea Cammasseo, einem Maler aus dem Umkreis von Domenichino gehalten wurde. Das Werk mit der Darstellung der Entführung von Rinaldo, einer Szene aus dem Werk Befreites Jerusalem des Dichters Torquato Tasso, steht in enger Beziehung zu den Lösungen, die Siemiginowski in Willanów einsetzte, knüpft sich dabei sowohl auf römische Vorbilder als auch auf ein Werk von Simon Vouet mit demselben Thema aus dem Louvre an, womit sich erneut die Verwendung der französischen Inspirationen im Werk des königlichen Hofmalers bestätigen ließe.

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Eine wichtige Gruppe im Siemiginowskis Oeuvre bilden die Bildnisse Johanns III. und dessen Familienangehörigen. Als sichere Werke des Malers gelten die im Schloss von Willanów aufbewahrten, in antikisierenden Manier gehaltenen Portraits der königlichen Söhne – Konstanty, im Jahre 1688 gemalt, sowie das zwei Jahre später entstandene Portrait seines Bruders Aleksander. Die Zuschreibung der übrigen Werke bleibt in der Forschung umstritten. Mit Siemiginowski in Verbindung gebracht werden zwei, womöglich die interessantesten im Bezug auf ihre ideologische Aussage gemalten Bildnisse der Familie Sobieski – das Doppelbildnis Johanns III. mit dem Sohn Jakub und das allegorische Gruppenportrait Maria Kazimiera mit den Kindern. Das erste entstand vermutlich im Zusammenhang mit den dynastischen Aspirationen des Königs und zeigt Jakub als Erben und Nachfolger Johanns III. Das zweite Werk wiederum, das mit zahlreichen symbolischen Inhalten gefüllt ist, stellt Maria Kazimiera als Mutter - Begründerin der Dynastie in Umgebung ihrer tugendhaften Nachkommen dar. Weitere, nicht mehr erhaltene Bildnisse des Königs aus der Werkstatt Siemiginowskis sind aus grafischen Repliken bzw. Kopien anderer Meister bekannt. Zweifellos mit einer propagandistischen Aussage behaftet war das Reiterstandbild Johanns III., bekannt aus dem Kupferstich des Künstlers Karl de la Haye. Die von Siemiginowski geschaffene Komposition, die auch gerne von anderen Künstlern aufgegriffen wurde, prägte nachhaltig die glorifizierend-kriegerische Ikonographie des Herrschers. Eine vergleichbare Resonanz genoss eine weitere Darstellung des Königs, die auf das Duo Siemiginowski –de la Haye zurückzuführen ist, die sog. kleine und große Fassung des Bruststücksbildnisses Johanns III. Die letztere wurde der Königin Maria Kazimiera gewidmet und entstand erst während des Aufenthaltes des Malers im Kazimierz-Palast. Siemiginowski war außerdem der Schöpfer der zeichnerischen Vorlagen für weitere Stiche de la Hayes – für die Illustrationen für philosophische Thesen und das Bildnis der Königin Maria Kazimiera. Die sog. These mit der Heiligen Linde aus dem Jahr 1694 – eine symbolische Darstellung der Diözese Ermländ, entstand als Illustration für die These des jungen Stanisław Hozjusz (des zukünftigen Bischofs von Posen), das Bildnis des Bischofs Konstanty Brzostowski wiederum – als Abbildung der These von Andrzej Wołodkowicz, die 1699 an der Akademie von Wilna verteidigt wurde. Einen deutlichen Propagandacharakter enthielt das von beiden Künstlern im Auftrag des Prinzen Jakub Sobieski angefertigte Frontispiz für das Buch Fidelis subditus von Stanisław Orzechowski, das 1697 in Warschau erschien, mit der Darstellung des Prinzen als Personifizierung der Freiheit.

Unter den eigenständigen grafischen Werken Siemiginowskis besonders signifikant sind die um 1690 geschaffenen Abbildungen für Flores vitae beatae Salomeae, ein in Krakau 1691 erschienenes Büchlein des Paters Sebastian Piskorski, ehemaligen Lehrers der Prinzen Sobieski, späteren Domherrn von Krakau und Juraprofessors der Jagiellonenuniversität. Die in Wort und Bild erzählten Ereignisse aus dem Leben der seligen Salomea wurden in sog 24 „Blüten” – Emblemata aufgeteilt. Die in Mischtechnik (Radierung und Kaltnadel) geschaffenen Abbildungen veranschaulichen Siemiginowskis Können als Grafiker, seine Fantasie und Fähigkeit in der Gestaltung neuer Kompositionen, die oft von den tradierten Darstellungsmustern abweichen. Die von dem Künstler erfundene Darstellungsweise der Ereignisse aus dem Leben Salomeas vorzustellen, erwies sich als prägend für die spätere Ikonographie der Seligen, als anschauliches Beispiel hierfür gilt die nach ihrem Vorbild konzipiere Freskoausmalung der Kirche St. Andreas in Krakau. Das Zusammenwirken zwischen Siemiginowski und Pater Piskorski resultierte auch in weiteren Aufträgen. Der Künstler konzipierte in Anlehnung an die ihm vorgelegte „Invention” zwischen dem 4. Januar und 30. März 1695 einen Entwurf für den Schrein des hl. Johannes von Krakau für den Neubau der Krakauer Universitätskirche St. Anna. Der monumentale Schrein, der in einem Querhausarm der Kirche aufgestellt werden sollte, wurde ein Jahr später von Baltzar Fontana, der auch für die Stuckausstattung der Kirche verantwortlich war, ausgeführt. Der Bau der Universitätskirche wurde von Pater Piskorski geleitet, er war auch der Auftraggeber des Gemäldes der hl. Anna Selbdritt für deren Hauptaltar, das von Siemiginowski 1699 ausgeführt wurde. Das Werk gehört zu den wenigen gesicherten und erhaltenen religiösen Gemälde des Künstlers. Das am 24. Juni 1694 für die Warschauer Kirche der Visitantinnen von Siemiginowski gestiftete Bild Christus als Lehrer (?) gilt als eine Werkstattarbeit, bei der Muttergottes mit Kind im Nationalmuseum von Breslau handelt es sich um eine Zuschreibung. Pater Piskorski übernahm möglicherweise auch die Funktion des Vermittlers zwischen Siemiginowski und den Professorten der Krakauer Akademie, die ein Reliquiar für das Haupt des hl. Johannes von Krakau in Auftrag gaben. Der Entwurf dieses Werkes, das 1695 vom Krakauer Goldschmied Jan Ceypler angefertigt wurde, wird gelegentlich dem königlichen Maler zugeschrieben.

Die meisten Sakralgemälde Siemiginowskis wurden während des 2. Weltkriegs zerstört. Zu ihnen zählen die Tafeln aus den Warschauer Kirchen - der Kapuzinerkirche (Verklärung des Herrn, der Schutzengel, Hl. Bonaventura, Hl. Felix a Catalincio) und Hl. Kreuzkirche (Hl. Rochus, Hl. Sebastian und Christus auf dem Kreuz). Die letztere Komposition, die 1700 für den Hauptaltar der Heiligkreuzkirche geschaffen wurde, gilt als besonders interessant, aufgrund der vergleichsweise hohen Bezahlung - 2560 polnische Zloty, die der Maler für ihre Anfertigung erhalten sollte. Einige Werke sind nur anhand von Fotos bekannt, ungewiss bleibt hingegen das Aussehen der nicht erhaltenen Gemälde aus der Franziskanerkirche von Lemberg. Mangels Quellen lässt sich schließlich nicht nachweisen, ob die in den Briefen des Malers (von 1706) an den Kanzler Stanisław Antoni Szczuka angesprochene Anfertigung von

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Bildern für die Kirche von Szczuczyn zustande kam. Der Korrespondenz zufolge sollte der Kanzler bei Siemiginowski außerdem Entwürfe für die Altäre in dieser Kirche bestellt haben.

Der Maler gestaltete auch Entwürfe und Ausschmückung für Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Ebenfalls für Stanisław Szczuka lieferte er der Überlieferung zufolge einen Entwurf für die Bemalung einer Prachtkutsche. Ein vergleichbares Werk, das ebenfalls mit der Werkstatt des Künstlers in Verbindung gebracht wird, sind die allegorisch-mythologischen Malereien der Prunkkutsche der Familie Sobieski (1692).

Nach dem Tod des Königs und der Wahlniederlage des Prinzen Jakub Sobieski blieb Siemiginowski als Hofkünstler Aleksander Sobieskis tätig, arbeitete jedoch auch für den König August II., von dem mit dem Titel eines Sekretärs gewürdigt wurde. Im Januar 1699 war er zusammen mit seinem Schwager, dem Maler Martin Altomonte im Warschauer Schloss tätig, wo die beiden Künstler ein Bühnenbild für ein Theaterstück zur Eröffnung des Karnevals für den Senatsaal gestalteten. In den Jahren 1700–1702 leitete Siemiginowski die Arbeiten am Bau der Seitenflügel am Schloss von Willanów.

Siemiginowskis Privatleben verlief nicht immer glücklich. Der Maler war vier Mal verheiratet. Wir kennen nicht alle Umstände seiner Ehen, die greifbaren Quellen werden dabei unterschiedlich interpretiert. Seine erste Gattin war vermutlich Magdalena Georkiewiczówna (Gębarowicz datierte die Vermählung der beiden erst in den Zeitraum 1688 bis 1690, während Karpowicz auch für wahrscheinlich hielt, sie mit einer anderen Gattin des Malers Karolina Guerquin zu identifizieren). Siemiginowski ehelichte sie spätestens 1684, vielleicht noch Ende 1683. Magdalena gebar ihm zwei Kinder, eine gleichnamige Tochter und Sohn Jan, der später in den Lemberger Akten als „Primo voto procreatus filius” verzeichnet wird. Magdalena verstarb vor dem Jahr 1687, denn im Januar dieses Jahres vermählte sich der Künstler in zweiter Ehe mit Pelagia, geb. Affendyk – Tochter eines reichen Lemberger Patriziers. Auch diese Ehe dauerte nicht lange, Pelagia starb bereits im Dezember 1687, vermutlich im Wochenbett, denn zu diesem Zeitpunkt verlor der Maler auch eine kleine Tochter mit dem Namen Anna. Wie die beiden Ehen beweisen, war Siemiginowski nach seiner Rückkehr aus Rom in die Heimat eng mit Lemberg verbunden. Die nächste Gattin des Künstlers wurde am 31. Juli 1690 Karolina Guerquin. Die Ehe wurde in der Warschauer Heiligkreuzkirche geschlossen, die damals die Pfarrkirche des Malers war. Dort wurden auch vier gemeinsame Kinder der Eheleute getauft, zwei Töchter (Róża und Karolina Magdalena) und zwei Söhne (Jakub und ein Sohn eines unbekannten Namens). Nach Karolinas Tod, der zwischen 1694 und 1696 erfolgte, heiratete Siemiginowski am 8. Juni 1698 Teresa, Tochter des Kaufmanns Jerzy Laroz. Der Maler hatte mit ihr vier Kinder: Marianna, Jerzy (Eleuter), Michał und Bonifacy Bonawentura. Teresa überlebte ihren Gatten und starb vor dem 15. Januar 1718.

Im Jahre 1704 besaß Siemiginowski ein Haus in Aleksandria und ein Landhaus in der Gegend von Wielopole, zwischen Grzybów und Leszno bei Warschau. Er lebte überwiegend in Warschau, blieb dabei in engen Kontakten mit vielen Künstlern, die dort im letzten Viertel des 17. Jh. aktiv waren (Tilman van Gameren, Michelangello Palloni, Martin Altomonte, Jan Reisner, Karl de la Haye). Nach 1706 verbrachte der Maler viel Zeit im Dorf Łuka bei Złoczów (ukr. Solotschiw), auch in Złoczów selbst, wo er noch 1690 eine Immobilie, vielleicht ein Haus erwarb. Er starb zwischen dem 28. Februar 1708 und dem13. März 1711. Wir wissen nicht viel über seine Schüler und Nachfolger. Bei seinen zahlreichen Aufträgen war er gewiss auf Hilfe von Mitarbeitern oder Schülern angewiesen, doch namentlich ist nur einer bekannt - Adam Swach.


Literatur (Auswahl):

Aleksandrowicz W.S., Nowe materiały do biografii i twórczości Jerzego Szymonowicza Starszego oraz Jerzego Eleutera Szymonowicza-Siemiginowskiego [Neue Materialien zur Biografie und Werk Jerzy Szymonowicz des Älteren und Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski], „Foliae Historiae Artium”, 27, 1991, S. 111-124.

Gębarowicz M., Młodość i pierwsze prace Jerzego Eleutera Szymonowicza-Siemiginowskiego, [Die Jugend und die ersten Arbeiten von Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski]. In: Księga pamiątkowa ku czci Oswalda Balzera, Lwów 1924, S. 391-416.

Karpowicz M., Autoportret Siemiginowskiego [Siemiginowskis Selbstbildnis], „Biuletyn Historii Sztuki”, 18, 1956, Nr. 1, S. 139-144.

Karpowicz M., Jerzy Eleuter Siemiginowski malarz polskiego baroku [Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski – ein Maler des polnischen Barock], Wrocław – Warszawa – Kraków – Gdańsk 1974

Karpowicz M., Malowidła Gabinetu Al Fresco w Wilanowie [Malerische Ausstattung des Al Fresco-Kabinetts von Willanów], „Rocznik Historii Sztuki”, 7, 1969, S. 221-242.

Karpowicz M., Polonica w Akademii św. Łukasza [Polonica in der Accademia di San Luca], „Biuletyn Historii Sztuki”, 33, 1971, Nr. 4, 382-395.

Karpowicz M., Portret Marii Kazimiery z dziećmi [Bildnis der Königin Maria Kazimiera mit ihren Kindern], „Biuletyn Historii Sztuki”, 20, 1958, Nr. 2, S. 223-235.

Karpowicz M., „Rinaldo i Armida” Siemiginowskiego w Sztokholmie [„Rinaldo und Armida” von Siemiginowski in Stockholm], „Studia Wilanowskie”, 17, 2010, S. 17-24.

Moisan-Jabłońska Krystyna, Malowidło Charles Le Bruna z Pawilonu Jutrzenki w Sceaux inspiracją dla wilanowskich plafonów Pór roku Jerzego Eleutera Siemiginowskiego [Ein Gemälde von Charles Le Brun aus dem Pavillon der Morgenröte von Sceaux als Inspiration für die Deckenmalereien der Jahreszeiten von Jerzy Eleuter Siemiginowski in Willanów], „Biuletyn Historii Sztuki”, 68, 2006, Nr. 1, S. 45-58.

Ostrowski J., Flores Vitae B. Salomeae, nieznany cykl graficzny Jerzego Eleutera Szymonowicza-Siemiginowskiego [Flores Vitae B. Salomeae, eine unbekannte grafische Serie von Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski], „Biuletyn Historii Sztuki”, 35, 1973, Nr. 1, S. 43-52.

Owsijczuk W., „Bachus i Ariadna” Jerzego Eleutera Szymonowicza-Siemiginowskiego z Lwowskiej Galerii Obrazów [„Bachus und Ariadna” von Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemiginowski aus der Lemberger Gemäldegalerie], „Biuletyn Historii Sztuki”, 53, 1991, Nr. 1/2, S. 99-102.

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