Wien – der Sieg des letzten Kreuzfahrers
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Musée Palais de Wilanów

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Wien – der Sieg des letzten Kreuzfahrers
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Das militärische Bündnis zwischen der Adelsrepublik und dem Kaiser Leopold I. wurde am 1. April 1683 unterzeichnet. Um ein schlechtes Omen zu vermeiden und nicht zum Gegenstand von Aprilscherzen zu werden, wurde der Vertrag vordatiert. Das Datum auf dem Schriftstück lautet somit 31. März. Johann III. bemühte sich seit Langem erfolglos um dieses Bündnis. Erst die direkte Bedrohung Österreichs durch das Osmanische Reich erfüllte den Kaiser mit Furcht. Nun war er derjenige, der auf die Hilfe des polnischen Königs hoffte. Der Vertrag setzte einen gemeinsamen Kampf gegen das Osmanische Reich voraus, keine separatistischen Friedensabkommen sowie Entsatz, sollte eine der Hauptstädte der beiden Länder von den Türken angegriffen werden. Die Polen verpflichteten sich, eine 40 Tsd. Mann starke Armee aufzustellen, die Österreicher zur Zahlung von 1,2 Millionen Zloty Kriegssubsidia.

Als die polnisch-österreichische Allianz unterzeichnet wurde, verließ das türkische Heer Adrianopol, verwüstete das Gros der ungarischen Gebiete und blieb vor den Toren Wiens stehen. An der Spitze der hunderttausend türkischen Soldaten stand der hochmutige Kara Mustafa. Es begann eine reguläre Belagerung, die allerdings angesichts der tapferen Haltung der Wiener den Angreifern keine erhofften Erfolge brachte. Von Tag zu Tag wurde die Lage dramatischer. Die einzige Hoffnung für die Stadt war nun der Entsatz des polnischen Herrschers. Die kaiserlichen Diplomaten in ihren Briefen flehten verzweifelt um Hilfe, was den Sieger von Chocim nicht ungleichgültig ließ. Er war wusste genau, wie ernsthaft die Lage ist, war sich gleichzeitig auch der Vorteile bewusst, die das Bündnis mit Österreich mit sich bringt. Er erörterte es in seinem Brief an den polnischen Feldhetman Mikołaj Sieniawski: „Entweder wird Wien sterben. Oder er wird sich verteidigen können, beides wird für uns kein Vorteil sein, denn besser ist es, im fremden Lande, mit fremdem Brot, in der Assistenz aller Kräfte des Imperiums - nicht nur des Kaisers selbst - zu kämpfen, als sich alleine und das eigene Brot essend verteidigen zu müssen, und wenn uns dann noch die Freunde und Nachbarn verlassen, sollten wir ihnen in diesem Fall keine rasche Hilfe leisten”.

Die Vorbereitungen für den Krieg verliefen überaus zügig. Innerhalb kurzer Zeit versammelten sich bei Krakau 21 Tsd. Soldaten. Bereits vorher wurde eine 2 Tsd. Mann starke Kavallerieeinheit unter der Führung von Hieronim Lubomirski los geschickt, um den Alliierten Entsatz zu leisten. Der Großteil der Armee bestand aus Reitern, die den Österreichern besonders am Herzen lagen. Dank dieser Zusammenstellung konnte sich das Heer blitzschnell in Richtung Wien fortbewegen.

Ohne auf die litauische Armee zu warten zog das Heer der polnischen Krone in Richtung Tulln, wo die Truppen die Donau überqueren und sich mit den Truppen Österreichs und der Reichsfürsten treffen sollten. Durch die Wahl Tullns als die Stelle der Überquerung sollten die Türken überrascht werden. Um diesen Plan in die Tat umsetzen, musste die österreichische Armee den Feind vor Kornenburg aufhalten, während Hetman Sieniawski, der in die Gegend von Olmütz vorgeschickt worden war, dem Hauptzug der Truppen Deckung bot, der einen riesigen Tross mit sich führte und vom König persönlich angeführt wurde. Der Marsch erfolgte ohne Hindernisse, obwohl es mancherorts zu Plünderungen kam, die an der lokalen Bevölkerung von den Polen ausgeübt wurde. Diese Streitigkeiten waren auf die unzureichende Vorbereitung der Lager für die Versorgung derart großen Mengen an Menschen und Tieren zurückzuführen. Die lokale Bevölkerung ließ sich ungern für die Verpflegung mit polnischem Geld bezahlen, während der Soldat – entsprechend den damals üblichen Normen – vor Gewaltanwendung nicht haltmachte, um sich etwas zu Essen zu besorgen. Nichts desto trotz kam die Armee blitzartig voran. Drei Wochen nachdem sie Krakau verlassen hatten, erreichten die Polen das Ufer der Donau.

Noch bevor die Truppen den Fluss erreichten, ritt Sobieski persönlich an der Spitze von nur 120 Husaren voraus, um den Herzog Karl von Lothringen zu treffen. Er eilte, gedrängt durch flehende Briefe des Lothringers, welcher der Meinung war, dass um den Kampfgeist der österreichischen Soldaten zu stärken „seine [des Königs] Anwesenheit so viel bedeute, wie die Ankunft einer ganzen Armee”. In der Tat warteten die deutschen Anführer auf den polnischen Herrscher wie auf die Erlösung. Mit Argwohn allerdings wurde sein Oberbefehl über die vereinigten Heere betrachtet. Ganz anders verhielt sich Herzog Karl, vor kurzem doch ein Rivale Sobieskis im Kampf um die polnische Krone. Er war sich der Kriegserfahrung des Siegers von Chocim bewusst, verbarg deshalb sehr tief sein verletztes Ehregefühl und arbeitete pflichtbewusst mit dem Polen zusammen. Er informierte ihn über die Lage an der Front und erfüllte eifrig die Befehle des Oberbefehlshabers.

Am 3. September fand eine Besprechung der verbündeten Heerführer in Stettelsdorf statt. Hier wurden auch die Einsatzpläne herauskristallisiert. Es wurde beschlossen, durch das Berggelände des Wiener Waldes nach Wien zu marschieren. Anschließend kam es jedoch zu ernsthaften Meinungsunterschieden. Der Lothringer sprach sich für den Weg über die einfachste Strecke entlang der Donau aus, um so schnell wie möglich die belagerte Stadt zu erreichen. Sobieski allerdings studierte nicht umsonst die antiken Militärschriften. Er wollte die Fehler der Römer in der Schlacht am Trasimenischen See vermeiden, in der Hannibal die weit auseinander erstreckte römische Armee vernichtend geschlagen hatte. Es gelang ihm, sich mit seinem Plan durchzusetzen. Die Österreicher sollten den einfachsten Weg nehmen, um die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich zu lenken. Gleichzeitig sollten sich die Polen leise durch die unzugänglichen Berge des Wiener Waldes durchschleichen, um nach der Ankunft auf die Vorfelder Wiens den Gegner zu umkreisen. Der Lothringer wollte somit nur die Türken vor der Stadt zurückdrängen, während Sobieski vorhatte, die feindliche Armee vollständig zu vernichten.

Nach der Überquerung der Donau bei Tulln erreichten die verbündeten Heere den Wiener Wald. An der linken Flanke marschierten die Österreicher, die Mitte bildeten die deutschen Kontingente, während rechts die Polen zogen. Am 10. September begannen 69 Tsd. Alliierte ihren Marsch durch die Berge. Die Polen waren dabei besonders schwierigen Bedingungen ausgesetzt, dennoch gelang es ihnen, ihre Artillerie hinüberzuschaffen. Nach eintägigem Marsch besetzten die Österreicher die beiden Hügel Leopoldsberg und Kahlenberg. Von dort wurden mehrere Leuchtsignale gesendet, um die belagerte Stadt von der Ankunft der Entsatztruppen in Kenntnis zu setzen. An dem darauffolgenden Tag konnte der Anführer der Verbündeten das zukünftige Schlachtfeld inspizieren. Was er da sah, unterschied sich von wesentlich von dem Bild, das ihm die Karten vermittelten. Vor der Stadt erhob sich ein weiterer Hügelzug, der vor dem entscheidenden Sturm erobert werden musste.

Gegen die christliche Armee stellten die Türken ein Heer aus rund 90 Tsd. Soldaten auf. Die Verteilung der Truppen stellte deren Anführer vor einer schwierigen Lage. Entgegen den Ratschlägen seiner Berater verzichtete Kara Mustafa darauf, die Belagerung zu unterbrechen alle seine Kräfte gegen die Verbündeten einzusetzen. Mehr noch, er nutzte auch nicht die Gelegenheit, sie in den Schluchten des Wiener Waldes aufzuhalten. Die einzige Perspektive war somit der offene Kampf vor den Toren Wiens.

Am 12. September schickte der türkische Heerführer, ohne die Belagerung zurückzuziehen, den Hauptteil seiner Kräfte gegen den Lothringer, von dem er den Hauptangriff erwartete. Seit frühen Morgenstunden drängten die Österreicher und die Deutschen auf die Osmanen ein. Relativ spät, denn erst gegen Mittag, betraten die Polen das Kampfeld. Allmählich drangen sie die Türken von den Hügeln zurück, bereiteten auf diese Weise den Platz für den bevorstehenden Angriff der Kavallerie. Der Anblick der Banner der polnischen Reiter erfüllte die seit Morgenstunden kämpfenden deutschen Truppen mit neuem Mut, gleichzeitig wurde den Türken die bevorstehende Gefahr bewusst. Den Auftakt bildete der Angriff von 15 Tausend Tataren, die blutig zurückgeschlagen wurden. Kara Mustafa begann darauf schnell, seine Kräfte auf die bedrohte Flanke umzuleiten.

Gegen vier Uhr Nachmittag waren die Polen zum Angriff der Kavallerie bereit. Sobieski wollte allerdings erstmal das Gelände inspizieren, um sich zu vergewissern, ob die Türken keine Fallen vorbereitet hatten und schickte zum Probeangriff den Husarenbanner des Prinzen Aleksander, anschließend weitere zwei Banner unter der Führung von Stanisław Potocki. Die Verluste waren erheblich, Potocki fiel im Kampf. Die Attacke zeigte jedoch, dass der Angriff als erfolgversprechend zu bewerten ist.

Der polnische Herrscher ergriff die Gelegenheit, die Schlacht für sich zu entscheiden, noch vor dem Sonnenuntergang. Zwanzigtausend Reiter begannen den Angriff – einen der größten in der Geschichte. Seine Kraft war verheerend. Er fegte buchstäblich alles hinweg, was sich ihm in den Weg stellte. Die türkischen Truppen ergriffen in Panik die Flucht, verfolgt von der leichten polnischen Kavallerie.

Der Sieg war vollkommen. Die türkische Armee verlor rund 15 Tsd. Soldaten und blieb für längere Zeit kampfunfähig. Der unfähige Kara Mustafa versuchte noch, sich in Ungarn durchzuschlagen, wurde jedoch auf Befehl des Sultans erwürgt. Johann III. triumphierte. In seinem Brief an den Papst, den er in dem eroberten Zelt Kara Mustafas verfasste, paraphrasierte er die Worte Julius Cäsars: „Venimus, vidimus, Deus vicit” (Wir kamen, wir sahen, Gott siegte). Der Triumphator war allerdings der polnische König. Indem er Wien rettete, erfüllte er sich mit ewigem Ruhm und veränderte den Lauf der Geschichte, denn der Wiener Sieg war einer jener Siege, der für die Geschicke der Welt entscheidend waren.

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